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Fotos: Wolfgang Broemser
Forum Confluentes, Koblenz
Planung: Benthem Crouwel (Aachen/Amsterdam)
Bauzeit: 2011-2013
Fischpass
Bauspiele
Militärhistorisches Museum
Tagungszentrum
Schlosshotel
Weingut & Schiefermahlwerk
Universitätscampus
Grimm-Zentrum
Evangelische Freikirche
Regionale Schule
Bürohaus Dockland
Vinothek
Neue Synagoge
Hummerich-Halle
Food Hotel
Forum Confluentes
Mehrgenerationenhaus
Steinskulpturen-Museum
Ausflugsrestaurant
Lava-Dome
Architekturen // Kulturzentrum 
Hochbunker mit (zu) viel Luft
"Da oben sehen die Koblenzer endlich, wie hässlich ihre Stadt ist!"                                                                                                                                                                                                                                                                       
Im Aufzug des Forums aufgeschnappte Bemerkung
Luftbild: Stadt Koblenz
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"Auf Kultur hab' ich null Bock, Brüder. Was reizt Menschen an Kulturzentren?"
"Diese Vertierung von Menschen finde ich höchst problematisch, Leute.
Das ist toxischer Zoozentrismus!"
Richard Tauber: Die Lorelei
> Zu hören im Romanticum, das  
den Besucher mit einem virtuel-
len Dampfer ins Mittelrheintal
entführt. Überschneidet sich je-
doch thematisch mit dem Rhein-
Museum am Fuß der Festung
Ehrenbreitstein und wird wohl
auch daher bald dichtgemacht.
Das Rhein-Museum ist zudem
näher bei den Touristen. Auch  
die Tourist-Information dürfte  
am Zentralplatz deplatziert sein.
Sie wäre besser in der Altstadt,
etwa in dem Barockgebäude am
Münzplatz, aufgehoben, dort,   
wohin die Touristen kommen.    
Zudem wäre sie an dieser Stelle
sichtbar, nicht versteckt in einem
weißen Schneewittchensarg...
George Clarkson Stanfield:
Moselbrücke Koblenz, gemalt
1873 > Zu sehen im Mittelrhein-
Museum (Stanfields Landsmann
Turner war da 1817 schon sehr
viel weiter!)
 
...aber für die Benennung des
neuen Kulturzentrums eher un-
passend - "Forum Confluentes"
muss zu sehr erklärt werden.
Warum nicht "Forum Zwei-
stromland"? Mit diesem Namen,
der eine legendäre Hochkultur
assoziiert und andeutet, dass es
sich um einen Kultur-Hotspot
handelt, beteiligte sich der Autor
erfolglos an einem Wettbewerb
der Stadt. Und gebraucht seit-
dem nur das selbstgestrickte
Label, wenn er von dem Forum
spricht - ohne mit der Wimper  
zu zucken!
Forum Zweistromland
Zentralplatz 1
56068 Koblenz

Öffnungszeiten:
Mittelrhein-Museum
die - so  10 - 18 Uhr
Stadtbibliothek
mo - frei 10 - 18 Uhr
sa 10 - 15 Uhr
Tourist-Information
tägl. 10 - 18
Das neue Kulturzentrum der Stadt Koblenz hat es geschafft, zusammen mit einem 
benachbarten Shopping-Center dem lange Zeit brachliegenden Zentralplatz wieder
Leben einzuhauchen. Allerdings gelingt das nur um den Preis einer brachialen Neu-
definition der Stadtmitte durch zwei Riesen, die mit ihrer Kubatur keinerlei Rücksicht
auf die meist kleinteilige Bebauung der Umgebung nehmen. Der Kulturbau bedrängt
einen mit seiner fensterlosen Massivität fast körperlich. Die zweischalige Klimafassade
des strahlend weißen Solitärs ist mit einer Außenhülle aus siebbedrucktem Glas verziert,
die Blicke routiniert anzieht und Einblicke ebenso routiniert abwehrt. Das Innere bün-
delt die städtischen Kultureinrichtungen erstmals unter einem Dach: die Bibliothek der
Stadt, das Mittelrhein-Museum - eines der ältesten Bürgermuseen Deutschlands - und
die Tourist-Information. Neben Kommerz bestimmt jetzt auch Kultur die Stadtmitte
und macht diese, simsalabim, wieder zu einem Magneten.
Schauen, lesen, staunen

Im Foyer des "Forum Confluentes" - so der wenig aussagekräftige Name des Zentrums -
ist die Tourist-Info angesiedelt. Außerdem empfangen hier das Museum und die Biblio-
thek den Besucher mit ihren Auftaktbereichen. Ein dreißig Meter hohes Atrium nimmt
im Erdgeschoss seinen Anfang und zieht den Blick nach oben. Der gigantische Lichthof
wird nur durch das erste Obergeschoss unterbrochen, das wie ein abgeschlossener Block
die Bestände des Mittelrhein-Museums zum ersten Mal umfassend zeigt. Im zweiten bis
fünften Obergeschoss ist die Stadtbibliothek untergebracht. Der hier durch alle Etagen
reichende Luftraum vermittelt, wenn man auf der Rolltreppe oder im gläsernen Aufzug
nach oben schwebt, einen eher trivialen Wow-Effekt. Der Aufzug befördert den Besucher
bis auf die Dachterrasse des Gebäudes. Von dort schweift der Blick über das nicht allzu
malerische Zentrum der Schängelstadt.
Ein Fels in der Strömung?

Dank seinem dreieckigen Grundriss und den sechs Geschossen kann sich der Kulturriese
in die westliche Ecke des Zentralplatzes quetschen. Gemeinsam mit dem Shopping-
Center soll er, so die Vision der Planer, die Fußgängerströme lenken, von diesen umspült
und abgeschliffen werden wie ein Fels in der Strömung - doch das macht ihn nicht
weniger monumental. Durch drei Ausgänge ist er mit dem Zentralplatz, der Clemens-
straße und dem neugeschaffenen Trichterplatz verbunden. Dieser bildet eine Engstelle
zwischen Kultur- und Einkaufszentrum und verbirgt, was hinter der Kurve kommt,
nämlich der Übergang zur Koblenzer Altstadt. Indem die Neubauten Wegbeziehungen
schaffen und Blickbeziehungen verstellen, erzeugen sie eine Spannung, die man mit
einigem Wohlwollen städtebaulich reizvoll nennen kann.
Diese Torte schüchtert ein

Kritiker werfen dem 90 Millionen Euro teuren Kulturhub Gigantismus und fehlende
Maßstäblichkeit vor, könnten ihn sich besser in Metropolen wie Köln oder Frankfurt vor-
stellen. Zu Recht - das Forum besetzt den Platz wie ein veredelter Hochbunker, erdrückt
ihn mit seinem Volumen, der Monotonie seiner selbstverliebten Fassaden. Das von den
Einheimischen "Bügeleisen" oder "Tortenstück" titulierte Bauwerk schüchtert ein, statt
einladend zu wirken. Es enthält über 100.000 Kubikmeter umbauten Raum, aber nur
12.000 Quadratmeter Nutzfläche - der Koloss ist wie gebauter Meteorismus, eine auf-
gedonnerte Luftnummer, errichtet mit Tonnen von Stahl und Beton.
"Bilbao-Effekt" ist fraglich

Durch einen weniger großen Lichthof im Innern des Forums hätte man ein komplettes
Stockwerk einsparen können. Andererseits hilft die Fülle an natürlicher Belichtung, die
durch das Glasdach dringt, Strom einzusparen und das Haus als Event-Architektur zu
inszenieren. Denn dies ist das unausgesprochene Ziel: Das hoch verschuldete Koblenz 
will sein dröges Image als Behörden- und Bundeswehrstandort abstreifen, will mit ei-
nem Eisberg voller Kultur und Luft Neubürger und Touristen flashen. Ob aber der
"Bilbao-Effekt" am Deutschen Eck funktioniert, erscheint äußerst fraglich. Spektakel-
Architektur muss den richtigen Ort aufmischen, das heißt, der Ort muss selbst schon
Ansätze zum Spektakel in sich tragen. Auf einer Glatze lassen sich bekanntlich keine
Locken drehen. Und wenn die Locals ihre Stadt mit entwaffnender Offenheit "großes
Dorf" nennen, klingt das verdächtig nach Glatze...
 
"Dass sie mit Fahrstühlen aufs Dach fahren und Wache schieben können.
Dabei haben die null Feinde - außer sich selbst."
Latein ist zwar eine altehrwürdige Sprache...