Architekturen // Bauspiele
Gehäuse für das Nichts
Vertrackte Miniatur-Architekturen von Joachim Manz sind derzeit im Arp Museum
Bahnhof Rolandseck zu entdecken. Der viel gerühmte Neubau des Museums von Richard
Meier feiert fünften Geburtstag; weil er ebenso wie der klassizistische Bahnhof heraus-
ragende Baukunst darstellt, steht Rolandseck dieses Jahr im Zeichen der - auch
künstlerisch simulierten - Architektur.
Nicht zum Wohnen geeignet
Die Ausstellung "Bauspiele" des Bremer Künstlers ist ein paradoxer Geburtstagsgruß.
Zum Wohnen sind sie nicht da, die Pavillons und Bungalows, die Villen, Häuser an der
Bahn und säulengeschmückten Prachtbauten, auch wenn sie aus vertrauten Materialien
wie Beton, Glas oder Ziegeln bestehen. Die Objekte ruhen auf Metallständern, hängen
an der Wand oder sind in Hohlräume der Wand eingelassen, aus der sie sich, tippt man
dagegen, herausdrehen. Zusammen bilden sie eine Geisterstadt voll vager Reminis-
zenzen an "echte" Architektur, eine kleinmaßstäbliche Fake Town.
Eine apokalyptische Aura
Die skurrilen Gehäuse wollen, so der Künstler, "keine Modelle für reale oder utopische
Gebäude sein". Sie simulieren eine gänzlich unreale Architektur, treiben ein zweckfreies
Spiel mit dem, was sonst gänzlich zweckgebunden ist. Doch zugleich entfalten sie eine
eminent apokalyptische Aura, muten wie ein modernes, gattungsgeschichtliches
Memento mori an.
Warnung vor dem Untergang
Ein unproportional großer Swimmingpool, an dem das Haus wie ein Adlerhorst klebt,
ein verwaister Platz, auf dem noch die Laternen brennen, ein Baumhaus unterhalb einer
Autobahn ohne Autos - diese unbewohnte Welt mit allen Insignien der Zivilisation wirkt
wie ein Vorgriff auf eine menschenleere Zukunft nach dem planetaren Super-Gau, dem
Kollaps des Anthropozäns. In ihr haben sich die Bauwerke in etwas Fremdes verwandelt,
in artifizielle Natur, naturhafte Artefakte. Das Irreale einer simulierten, nicht nutzbaren
Architektur wird zur Metapher für die Irrealität einer nicht mehr genutzten Architektur
nach dem Tod des Menschen. Diese Bauspiele sind keine Spielerei, sondern Endspiele -
spekulatives Design als Warnung vor dem Untergang.
Bauspiele, Bahnhof Rolandseck
Architekt: Joachim Manz (Bremen)
Bauzeit: seit den 1990er-Jahren
"Ist der Mensch passé, ist
die Welt wieder okay!"
Ein Erdmännchen, das aus
dem Neuwieder Zoo
ausgebüxt ist