Handelsfirmen als Zimmerpaten
Aus dem EU-Fonds für regionale Entwicklung flossen Zuschüsse in Höhe
von 2,7 Millionen Euro in die Realisierung des Projekts. Unternehmen
aus Industrie und Handel gestalteten die 46 Gästezimmer produkt-
spezifisch aus. Ergebnis ist beispielsweise ein Raffaello-Zimmer mit
Südsee-Atmosphäre. Oder ein Meßmer-Tee-Zimmer mit dezentem
Teegeruch. Oder ein Edeka-Zimmer, das aber nicht Fotos von Lebens-
mitteln, sondern von Büchern zeigt (gute Kost macht klug!). Im Super-
markt ist Werbung nur Werbung, in diesem Hotel darf sie Kunst sein,
Räume inszenieren - aus einem Mittel zum Zweck wird ein ästhetisches
Ereignis, das die Welt der Nahversorger vergrößert, in ihrem psycho-
logischen Wert zeigt. Die Erinnerung an die vertraute Ordnung des
Einkaufens, in der man Gleicher unter Gleichen ist und optimistisch in
die Zukunft blickt - sonst würde man nicht einkaufen -, entspannt und
verhilft zu einem Superschlaf im "Supermarkt". Lebensmittel sind, wie
guter Schlaf, Mittel zum Leben.
Auch Branchenfremde sind willkommen
Netterweise steht die erkenntnisfördernde Unterkunft nicht nur Semi-
naristen der Lebensmittelbranche, sondern auch "normalen" Besuchern
offen. Der Geschäftsführer rechnet mit 25.000 Gästen im ersten Jahr.
Er setzt auf die appetitliche Innenausstattung als Erfolgsgarant. In der
Tat könnte es bald heißen: "Dieses Hotel hab' ich zum Fressen gern."
Oder: "Food Hotel lohnt sich." Oder: "Food Hotel. Dein Bett." Darauf
ein Veltins. Oder auch zwei.
Das ist europaweit wohl einmalig: ein Vier-Sterne-Hotel, in dem die
Bettwäsche mit Süßigkeiten bedruckt ist, Einkaufswagen als Sessel
dienen, an der Wand knallrote Tomaten prangen und die Betten aus
Regalelementen bestehen. In dem ein Gerolsteiner-Fahrstuhl die Gäste
zu einem Veltins,- Tengelmann- oder Apollinariszimmer bringt. In dem
die Rezeption ein umgebauter Kassentisch ist und die Sauna die Form
einer Tiefkühlzelle hat.
Innendesign simuliert Supermarkt
Dieses neuartige Themenhotel hat zwar eine architektonisch unspek-
takuläre Hülle, doch der Fokus liegt auf dem Innendesign. Und das
beschwört mittels Fototapeten und Elementen aus dem Ladenbau die
Atmosphäre eines Supermarktes herauf. Geschäftsführer der neu eröff-
neten Herberge ist Thorsten Fuchs, der die benachbarte Bundes-
fachschule des Lebensmittelhandels leitet. Schon lange reichten die
Übernachtungsplätze für die Schüler - Nachwuchs- und Führungskräfte
der Branche - im alten Gästehaus nicht mehr aus. So entstand die Idee,
ein zur Fachschule passendes Tagungshotel zu bauen - das Konzept des
Food Hotels im Supermarkt-Gewand war geboren.