Fotos: W. Broemser
Hummerich-Halle, Plaidt
Planung: Guido Fries Architekten (Vallendar)
Bauzeit: 2001-2003
Wiedergewinnung der Mitte

Ein Paradox: Lange Zeit klaffte inmitten von Plaidt in der vulkanisch gepräg-
ten Osteifel ein großes Loch. Schuld daran war der jahrhundertelange Abbau
von Tuff. Während das Vulkangestein anderswo für den Bau von Gebäuden
diente, sorgte sein Abbau im Zentrum der Gemeinde für die Abwesenheit
von Gebäuden. Doch vor einigen Jahren wurde dieser unschöne Zustand mit
der Einweihung des neuen Bürgerhauses am Kirchplatz beendet. Mit finan-
zieller Hilfe des Landes setzte sich der Ort ein neues Herz ein.

Veranstaltungshalle & Bürgerbüro

Der zweiteilige Komplex besteht aus einer Bürgerhalle und dem seitlich
davon angeordneten neuen Gemeindebüro. Der Veranstaltungssaal der Halle
bietet Platz für über 500 Personen, hat eine 100 Quadratmeter große Bühne
und verfügt über modernste Beleuchtungs- und Beschal-lungstechnik. Das
geschwungene Dach lässt den Saal "swingen" und optimiert zugleich die Aku-
stik. Durch die große Fensterfront auf der Rückseite fällt viel Licht ein. Die
Küche versorgt Besucher von Konzerten, Kongressen, Seminaren oder Partys
mit Speis und Trank. Ein Mehrzweckraum im Untergeschoss fasst bis zu 70
Personen; mit einer Terrasse im Grünen ist er für private Feiern geeignet.

Die Gebäude sind über Eck durch ein gläsernes Treppenhaus und einen
Windfang miteinander verbunden. Beide öffnen sich mit ihrer Vorderfront
zum Dorfplatz. Eine großflächige Verglasung sowohl des Foyers der Bürger-
halle als auch des Rathauses heißt die Menschen willkommen.  
Architekturen // Bürgerhaus
Szenen aus dem Basalt- und Bimsabbau rund um die Burgruine Wernerseck
Basaltmodell der alten Kirche

Das Gemeindebüro wird durch ein vorkragendes Pultdach akzentuiert, das
auf Holzstreben und schlanken Metallstützen ruht. Die gläserne Front des
Sitzungssaals flankieren Mauern, die mit ortstypischen Basaltplatten ver-
kleidet sind.

Neben dem Rathaus steht ein Basaltmodell der alten Pfarrkirche, die sich bis
1861 im "Plaidter Loch" auf einem Tuffhügel erhob. Wegen Baufälligkeit, und
weil sie zu klein geworden war, wurde sie abgerissen und durch eine neue
Kirche in der Mühlenstraße ersetzt. Während das Modell modern ist, ent-
stammt die Basaltsäule, die es trägt, der romanischen Kirche. Dank dem-
selben Stein bilden beide Teile eine optisch nicht unterscheidbare Einheit,
obwohl sie rund 900 Jahre trennen.

Die Hummerich-Halle - benannt nach einem ausgebeuteten Vulkan westlich
von Plaidt - zeigt, wozu gute Architektur heute fähig ist: einen Ortskern, der
zuvor ein Krater war, städtebaulich neu zu definieren, einen sozialen Treff-
punkt zu schaffen, ästhetisch zu überzeugen und  sich (daher) gut vermark-
ten zu lassen. Verwundert es da, wenn sich manch ein Architekt für einen
kleinen Demiurgen, ja: den Allergrößten, hält?*      
*) Daran ändert auch mit Sicherheit die pessimistische Einschätzung Arno Lederers nichts, dass es der Berufsstand des Architekten "auf der Leiter der beruflichen Anerkennung nicht über die unter-ste Sprosse hinausgeschafft" hat. Und auch mit Sicherheit die ebenso pessimistische Einschät-zung Paul Kahlfeldts nichts, dass "neunzig Prozent der Architekten keine guten Architekten sind" (in einem Interview mit der Immobilienzeitung). Denn natürlich meint jeder der neunzig Prozent, dass er zu den restlichen zehn Prozent gehört. Und natürlich nimmt niemand den als "retroselig" verrufenen Kollegen ernst, denn bauästhetische Modernität als geistige Haltung gehört zur DNA der meisten Architekten - so kann man sich abheben von Ingenieuren und Handwerkern, die sich für den Streit zwischen Modernisten und Traditionalisten nicht die Bohne interessieren, also keine künstlerische "Haltung" haben.
"Ohne solides Fundament ist alles für den A... Und das ist bei neunzig Prozent so, ich sag´s Ihnen!" (s. unten)
"Wir werden noch buddeln und bauen, wenn die Ledermänner und Kahlköpfe längst aufgehört haben zu buddeln und zu bauen."
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